Schachfiguren in schwarz und weiß stehen sich auf einem Schachbrett gegenüber

Bürgerentscheid:
Windenergie in Hünstetten

Ihre Stimme zählt!

Bürgerentscheid


zwei blanko Hinweisschilder vor blauem Himmel, eins weist nach links, das andere weist nach rechts

„Durch Bürgerentscheide haben Bürger*innen die Chance, direkt und verbindlich über geplante Projekte zu entscheiden.“

- Deutsches Institut für Urbanistik

Was ist ein Bürgerentscheid?

Ein Bürgerentscheid bietet den Bürgerinnen und Bürgern auf kommunaler Ebene die Möglichkeit zur politischen Mitbestimmung.

Es wird eine konkrete Fragestellung zur Abstimmung mit JA oder NEIN gestellt, deren Ausgang eine bereits beschlossene Maßnahme verhindern, verändern oder eine neue Maßnahme durchsetzen kann. Der Bürgerentscheid hat die gleiche Wirkung wie ein Beschluss der Gemeinde, darf aber - anders als dieser - frühestens nach drei Jahren geändert werden. Somit ist er sogar ein mächtigeres Instrument. Abstimmen darf, wer zu den Kommunalwahlen wahlberechtigt ist.

Worum geht es im Bürgerentscheid für Hünstetten?

„Sind Sie dafür, dass auf den gemeindeeigenen Flächen innerhalb der drei ausgewiesenen Vorranggebiete Windkraftanlagen errichtet werden?“

Über diese Sachfrage sollen die Bürgerinnen und Bürger von Hünstetten am 12. März 2023 bei einem Bürgerentscheid abstimmen. Mit dem im September 2022 gefassten Beschluss, den Bürgerentscheid anzusetzen (Vertreterbegehren), hat die Gemeindevertretung es in die Hand der Bevölkerung gelegt, über den möglichen Bau von Windkraftanlagen auf kommunalen Flächen zu entscheiden.

Auf dem Gemeindegebiet von Hünstetten liegen drei Vorranggebiete für Windenergie, die größtenteils in kommunalem Besitz sind:
> Gebiet 2-370a zwischen Wallbach und Wallrabenstein (ca. 14 Hektar)
> Gebiet 2-388c südlich von Strinz Trinitatis (ca. 78 Hektar)
> Gebiet 2-372 zwischen Wallbach und Görsroth liegt teilweise auf Idsteiner und teilweise auf Hünstetter Gebiet (ca. 103 Hektar)

In Hessen können Windkraftanlagen grundsätzlich nur innerhalb von Vorranggebieten errichtet werden. Wie viele genau das in den drei Vorranggebieten sein könnten, lässt sich erst nach weiteren Untersuchungen sagen. Für ihre eigenen Flächen könnte die Gemeinde dabei mitreden, wie die Planung am Ende aussieht.

Windvorrangflächen in Hünstetten

Wie läuft der Bürgerentscheid ab?

Wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, muss den Bürgern die von den Gemeindeorganen vertretene Auffassung dargelegt werden.

Die Abstimmung der Sachfrage erfolgt nach den Regeln einer normalen Kommunalwahl durch die Wahlberechtigten in Abstimmungslokalen oder per Briefwahl, allerdings ist für die Gültigkeit als zusätzliche Hürde eine Mindestanzahl an Stimmen erforderlich (Quorum, siehe nächster Abschnitt).

Nach Abschluss der Wahl werden die Stimmen durch die Wahlhelfer gezählt und das Ergebnis wie üblich bekannt gegeben.

Die schwarze Schachfigur-Königin hat alle anderen Figuren besiegt und steht im Vordergrund

Wann ist der Bürgerentscheid gültig, wann ungültig?
- die Bedeutung des Quorums -

Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist nur dann gültig und für die Gemeinde verbindlich, wenn das sogenannte Quorum, das heißt eine Mindestanzahl an Stimmen erreicht wird. 

Es gilt also zweierlei:
- Gewonnen hat die Meinung (JA oder NEIN), auf die die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen entfällt (eine Stimme mehr reicht aus, bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit NEIN beantwortet),
- und gleichzeitig müssen für die Mehrheitsmeinung mindestens 25 Prozent  aller Wahlberechtigten gestimmt haben. Nur dann ist das Quorum erfüllt.

Wie hoch ist das Quorum für Hünstetten?

In kleinen hessischen Gemeinden müssen mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten der siegreichen Mehrheit angehören. Nur dann ist der Bürgerentscheid insgesamt gültig. In Hünstetten gibt es momentan rund 8.500 Wahlberechtigte. Das Quorum ist erreicht, wenn mindestens 2.125 Wahlberechtigte für die Mehrheitsmeinung abgestimmt haben (Beispiele für die Wirkung des Quorums finden Sie weiter unten).

Es reicht also NICHT aus, nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu erhalten – und mag die Mehrheit auch noch so groß sein.
Eine niedrige Beteiligung wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass das Quorum nicht erreicht wird. Die Folge: Der gesamte Bürgerentscheid wäre dann ungültig.


Beispiele für die Wirkung des Quorums:
Hünstetten hat rund 8.500 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger. Das Quorum von 25 Prozent ist erreicht, wenn mindestens 2.125 Wahlberechtigte für die Mehrheitsmeinung abgestimmt haben. Dies haben wir für unterschiedliche hypothetische Abstimmungsergebnisse durchgespielt.

Ergebnis der fiktiven Auszählung: 2.200 Stimmen für die eine 2100 für die andere Seite.
Entspricht 51 % der abgegebenen Stimmen und 26 % der Stimmberechtigten für die Mehrheitsmeinung (Wahlbeteiligung insgesamt: 51 % der Stimmberechtigten).
Dies bedeutet: Quorum ERREICHT. Ergebnis ist gültig und verbindlich.

Ergebnis der fiktiven Auszählung: 2.000 Stimmen für die eine Seite, 1.900 Stimmen für die andere Seite.
Entspricht 51% der abgegebenen Stimmen, aber nur 24 % der Stimmberechtigten für die Mehrheitsmeinung (Wahlbeteiligung insgesamt: 46 % der Stimmberechtigten).
Dies bedeutet: Quorum NICHT erreicht. Gemeindevertretung entscheidet.

Ergebnis der fiktiven Auszählung: 2.000 Stimmen für die eine, 700 Stimmen für die andere Seite.
Entspricht 74 % der abgegebenen Stimmen, aber nur 24 % der Stimmberechtigten für die Mehrheitsmeinung (Wahlbeteiligung insgesamt 32 % der Stimmberechtigten).
Dies bedeutet: Quorum NICHT erreicht.  Gemeindevertretung entscheidet.

Ergebnis der fiktiven Auszählung: 2.200 Stimmen für die eine, 500 Stimmen für die andere Seite.
Entspricht 82 % der abgegebenen Stimmen und 26 % der Stimmberechtigten für die Mehrheitsmeinung (Wahlbeteiligung insgesamt 32 % der Stimmberechtigten).
Dies bedeutet: Quorum ERREICHT. Ergebnis ist gültig und verbindlich.

Was passiert, wenn das Quorum nicht erreicht wird?


Wird das Quorum nicht erreicht und ist der Bürgerentscheid deshalb ungültig, hat die Mehrheit kein ausreichendes Gewicht und keine bindende Wirkung für die Gemeinde. Dann gilt: 
Die Gemeindevertretung hat die Frage der Windenergie in Hünstetten selbst zu entscheiden (§ 8b Abs. 6 Satz 3 HGO). 

Was passiert, wenn das Quorum erreicht wird?

Wird dank ausreichend hoher Wahlbeteiligung das Quorum erfüllt, ist der Bürgerentscheid gültig und geht gemäß den Mehrheitsverhältnissen aus, also entweder …

- mit einer Mehrheit für JA, also für Windkraft in Hünstetten  oder
- mit einer Mehrheit für NEIN, also gegen Windkraft in Hünstetten.

Beide Fälle sind bindend für die Gemeinde. Der Entscheid hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung. Eine direkte Beanstandung des Bürgerentscheids durch den Gemeindevorstand oder den Bürgermeister ist ausgeschlossen.

Außerdem gilt:
Die Gemeindevertretung kann erst nach Ablauf von drei Jahren nach dem Bürgerentscheid Beschlüsse fassen, die dem Ergebnis des Bürgerentscheids widersprechen. Auch ein erneuter Bürgerentscheid könnte zur gleichen Angelegenheit erst nach drei Jahren durchgeführt werden.

Was passiert nach einem GÜLTIGEN Bürgerentscheid?

Wurde mit hoher Wahlbeteiligung das Quorum erfüllt, ist der Bürgerentscheid gültig und geht anhand der Mehrheitsverhältnisse entweder …

- mit JA für Windkraft in Hünstetten aus (erfolgreich für das Vertreterbegehren) oder
- mit NEIN gegen Windkraft („echtes“ Scheitern).

Beide Fälle sind bindend für die Gemeinde. Der Entscheid hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung. Eine direkte Beanstandung des Bürgerentscheids durch den Gemeindevorstand oder den Bürgermeister ist ausgeschlossen.

Denn es gilt Bestandschutz:
Eine Änderung des gültigen Bürgerentscheids durch die Gemeindevertretung kann erst nach Ablauf von drei Jahren seit dem Bürgerentscheid erfolgen. Gleiches gilt für ein erneutes Durchführen eines Bürgerentscheides zur gleichen Angelegenheit.

Wie geht es weiter, wenn die Mehrheit mit JA stimmt (und das Quorum erreicht wird)?

Die Gemeinde wird dann die kommunalen Vorrangflächen für Windenergie zur Verfügung stellen. Und sie wird die gemeinsam mit Idstein bereits begonnene Suche nach einem geeigneten Projektentwickler fortsetzen.

Die Gemeindevertretung von Hünstetten und die Stadtverordnetenversammlung von Idstein haben bereits ein gemeinsames Interessenbekundungsverfahren angestoßen, in dem sich Unternehmen darauf bewerben können, Windkraftanlangen auf den kommunalen Flächen umzusetzen.

An diesem Interessenbekundungsverfahren wird sich Hünstetten nur dann weiter beteiligen, wenn sich die Mehrheit beim Bürgerentscheid für den Bau von Windkraftanlagen ausspricht.


Grundsätzlich gilt, dass ein Unternehmen vor dem Bau von Windkraftanlagen einen Genehmigungsantrag beim Regierungspräsidium Darmstadt stellen muss. Mit den Antragsanlagen müssen zahlreiche Gutachten eingereicht werden. Die Genehmigungsbehörde entscheidet dann, ob die Anlagen, wie geplant, gebaut werden dürfen. Sie kann auch dem Bau der Anlagen zustimmen, aber Auflagen für den Betrieb erlassen, oder nur einen Teil der Anlagen genehmigen.

Im Interessenbekundungsverfahren wird der Rahmen für die Errichtung von Windkraftanlagen festgelegt. Der Ausschuss für Bauen, Agrar und Umwelt hat in seiner letzten Sitzung auch bereits Kriterien für das Verfahren festgelegt. Sie sind in den Hünstetter Nachrichten Nr. 5 vom 03.02.2023 veröffentlicht worden.
Das Interessenbekundungsverfahren wird von einem erfahrenen Büro für Kommunalberatung begleitet - der endura kommunal GmbH.

Interessenbekundungsverfahren

Wie geht es weiter, wenn die Mehrheit mit NEIN stimmt (und das Quorum erreicht wird)?


Die Gemeinde muss ihre Planungen für Windenergie auf den eigenen Flächen einstellen, denn der Bürgerwille ist für sie bindend, für mindestens drei Jahre (siehe oben).

Also keine Windräder beim NEIN oder UNGÜLTIGEM Bürgerentscheid?

Wie auch immer der Bürgerentscheid ausgeht:

Es ist zu erwarten, dass auf den Flächen von Idstein innerhalb des gemeinsamen Vorranggebietes und in anderen Nachbarkommunen Windkraftanlagen geplant und gebaut werden.

Es kann also passieren, dass Windkraftanlagen direkt vor unserer Haustür entstehen, selbst wenn in Hünstetten die Mehrheit dagegen stimmt - allerdings haben dann unsere kommunalen Nachbarn alle damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile.

Auch auf den privaten Flächen innerhalb der Hünstetter Vorranggebiete könnten sich künftig Windräder drehen, deren Wertschöpfung nur zum Teil in der Gemeinde oder bei den Bürgerinnen und Bürgern Hünstettens landet.